Auch Beutewaffen sammeln?

Wenn schon auf der untersten Stufe eines Sammelzieles begonnen werden soll, so versucht mancher Antragsteller durch Hereinnahme von Beutewaffen seinen Sammelrahmen zu verbreitern. Eine kritische Behörde wird diese Absicht erkennen und rundweg alle Beutewaffen ablehnen. Es ist daher zur Begriffsbestimmung „Ordonnanzwaffen, d.h. reglementierte Militärwaffen“ und „Beutewaffen“ einiges zu erklären:

Reglementierte Feuerwaffen, z.B. Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte sind in Gruppen einzuteilen:

  1. Ordonnanzwaffen im engeren Sinne, die per Erlaß eingeführt worden sind
  2. Behelfswaffen
    2.1 Faustfeuerwaffen, die aufgrund des gesteigerten Massenbedarfs der Weltkriege etatmäßig angeschafft und offiziell ausgegeben wurden und in Friedenszeiten als zivile Verteidigungswaffen im Bereich des Militärs keine Rolle gespielt hätten
    2.2 Faustfeuerwaffen, die in besetzten Ländern unter deutscher Verwaltung und im deutschen Auftrag produziert wurden. Während die unter deutscher Besatzung hergestellten Faustfeuerwaffen neu produzierten Waffen nicht als Beutewaffen im herkömmlichen Sinne gelten können, sind die bei der Besetzung der jeweiligen Länder in den Bestand der Wehrmacht übernommenen Waffen Beutewaffen.2.3 Faustfeuerwaffen, die im befreundeten oder neutralen Ausland angekauft wurden
  3. Beutewaffen
    Die bei der Besetzung der jeweiligen Länder in den Bestand der Wehrmacht übernommenen Waffen sind Beutewaffen.“Idealerweise hätten (…) alle erbeuteten Waffen abgenommen werden und nach gültiger Stempelvorschrift durch den zuständigen Beamten gekennzeichnet werden müssen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Verfügung tatsächlich eingehalten wurde.“ (Manhart, Ralf und Bernd Königs: Die reglementierten Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte und Polizei 1871 – 1956. Köln 1999, S. 35)Für Beutewaffen und Beutegerät wurden „Kennblätter fremden Geräts“ erstellt, die allerdings kein Nachweis sind, daß die in den Kennblättern aufgeführten Waffen tatsächlich bei den deutschen Streitkräften verwendet wurden.
  4. Offizierswaffen
    „Neben Behelfs- und Beutewaffen wäre noch auf die Faustfeuerwaffen einzugehen, die von Offizieren und gleichgestellten Beamten auf eigene Rechnung angeschafft wurden.Da Offiziere und entsprechende Militärbeamte Gehalt erhielten, hatten sie sich selbst einzukleiden und auszurüsten. Dabei waren sie in der Auswahl ihrer Ausrüstungsstücke jedoch nicht gänzlich frei, sondern hatten sich an entsprechende Muster zu halten.Für den Bereich der der Faustfeuerwaffen wurden deshalb durch die entsprechenden Stellen Kurzwaffen verschiedener Hersteller und Kaliber zum Kauf angeboten, wobei die entsprechenden Angebotslisten in den dafür vorgesehenen Verordnungsblättern veröffentlicht wurden,“ wie Manhart und Königs urteilen. (Manhart, Ralf und Bernd Königs: Die reglementierten Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte und Polizei 1871 – 1956. Köln 1999, S. 37) Nach ihrer Auffassung ist es umstritten, ob diese Offzierswaffen in eine Sammlung der militärischen Faustfeuerwaffen zu integrieren sind – nur im weitesten Sinne zählen Manhart und Königs diese Modelle zu den reglementierten Waffen.

Insgesamt ist die Bewaffnung der Truppe mit Faustfeuerwaffen eindeutig reglementiert gewesen. Es wird sich bei den Stücken in der beabsichtigten Sammlung des Antragstellers nur um solche Waffen handeln dürfen, „die über entsprechende Merkmale verfügen, anhand derer klar ersichtlich ist, daß diese spezielle Waffe tatsächlich in den Streitkräften verwendet wurde, Soweit dies nicht der Fall ist, sollten zumindest offizielle Verfügungen etc. existieren, die belegen, daß die jeweiligen Modelle zugelassen waren.“ (Manhart, Ralf und Bernd Königs: Die reglementierten Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte und Polizei 1871 – 1956. Köln 1999, S. 38)

Die Stempelung allein bietet keine sichere Zuordnung einer Waffe zum beabsichtigten Sammelziel. In der Zeit des ersten Weltkrieges fand eine Kennzeichnung der Faustfeuerwaffen nicht in dem Maße statt, wie dies für den zweiten Weltkrieg nachzuweisen ist. „Ab 1916 sind nur noch wenige Faustfeuerwaffen nachweisbar, die militärische Abnahmestempel erhielten. Das gilt insbesondere für die Behelfswaffen.

Soweit Stempelungen vorhanden sind, handelt es sich um Beschußstempel oder Eigentumsstempel der jeweiligen Truppeneinheiten.“ (Manhart, Ralf und Bernd Königs: Die reglementierten Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte und Polizei 1871 – 1956. Köln 1999, S. 38 f)

Ein Sammelplan mit Beutewaffen

Praktisch würde also der Sammelplan nach dem Systematisierungsgesichtspunkt

"Reglementierte Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte 1871 - 1918"

so aussehen:

  1. Ordonnanzwaffen im engeren Sinne, die per Erlaß eingeführt worden sind
    (Siehe dazu Manhart, Ralf und Bernd Königs: Die reglementierten Faustfeuerwaffen der deutschen Streitkräfte und Polizei 1871 – 1956. Köln 1999, sowie Walter, John: Luger. Stuttgart 1982)

    Revolver M 1879
    Revolver M 1883
    Marine-Parabellum-Pistole 04
    Marine-Parabellum-Pistole 1904-06
    Marine-Parabellum-Pistole 1904-08
    Marine-Parabellum-Pistole 1904-14
    Heeres-Pistole 08
    Heeres-Pistole 08-14
    Lange Pistole 08
    Signalpistole a/A
    Signalpistole n/A

  2. Behelfswaffen
    2.1     Faustfeuerwaffen, die aufgrund des gesteigerten Massenbedarfs der Weltkriege etatmäßig angeschafft und offiziell ausgegeben wurden und in Friedenszeiten als zivile Verteidigungswaffen im Bereich des Militärs keine Rolle gespielt hätten

    Mauser C 96, Kaliber 7,63 mm
    Mauser C 96, Kaliber 9 mm
    Walther Modell IV
    Walther Modell VI
    Beholla
    Sauer & Sohn Modell 1913
    Langenhan Jäger, Kal. 7,65 mm
    Dreyse Modell 1907
    Mauser Mod. 1914

    2.2     Faustfeuerwaffen, die in besetzten Ländern unter deutscher Verwaltung und im deutschen Auftrag produziert wurden

    Bergmann M 1908
    Bergmann M 1910
    Belgische Signalpistole

    2.3     Faustfeuerwaffen, die im befreundeten oder neutralen Ausland angekauft wurden

    (Literaturnachweise fehlen und müssen durch Belegstücke und/oder Belegdokumente erbracht werden)

  3. Beutewaffen, die bei der Besetzung der jeweiligen Länder in den Bestand der deutschen Truppen übernommenen Waffen wurdenRussischer Nagant-Revolver
    Bergmann M 1908
    Bergmann M 1910
  4. Offizierswaffen, die von Offizieren und gleichgestellten Beamten auf eigene Rechnung angeschafft wurden. (Die Waffen sollten mit Stempelungen versehen sein)Walther Modell IV
    Beholla
    Langenhan
    FN Baby
    Dreyse Kal. 6,35 mm